Pflanzenporträt: Brennnessel – ein Unkraut zum Lieben

Die Brennnessel (Urtica dioica) ist eine sehr bekannte Wildpflanze. Nicht nur weil sie häufig vorkommt, sondern weil es wohl kaum einen Menschen gibt, der nicht schon eine schmerzhafte Erfahrung mit ihr gemacht hat. Unter der Lupe wird ersichtlich, woher sie ihren gefährlichen Namen hat: Sie besitzt unzählige Brennhaare, deren Spitzen bei Berührung an einer Sollbruchstelle abbrechen, sodass sich die freigelegten spitzen Kanülen in die Haut bohren können, um dort ihr brennendes Nesselgift freizusetzen. Kein Wunder, dass diese Pflanze in Erinnerung bleibt!

Vielleicht wurde die Brennnessel deshalb vielerorts zu einem verachteten Unkraut. Schon der Römer Plinius bezeichnete sie vor fast 2000 Jahren als „die am meisten verhasste aller Pflanzen“. Doch dazu gibt es gar keinen Grund, denn die Brennnessel hat uns einige positive Überraschungen zu bieten…

Die Brennnessel ist unentbehrlich für Insekten und Bio-Gärtner

Eine wilde Brennnessel-Ecke im Garten hat eine große ökologische Bedeutung, gerade hinsichtlich des Insektensterbens. Das ungeliebte Unkraut ist nämlich wichtiger Lebensraum und Nahrungslieferant für über 150 Insektenarten. Unsere schönsten Tagfalter nutzen die Brennnessel als Futterpflanze: Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Admiral, Distelfalter und Landkärtchen ernähren sich im Raupenstadium hauptsächlich von ihren Blättern.

Auch der Gartenbesitzer kann sich darüber freuen, denn aus dem Kraut lässt sich eine Jauche herstellen, die als Flüssigdünger dient und die Gesunderhaltung der Pflanzen fördert. Über den Kompost gebraust beschleunigt die Jauche den Rotteprozess. Dazu wird die frische Pflanze (1 kg auf 10 Liter) in Wasser gelegt und bis zur Gärung stehengelassen. Nach der Gärung wird das Ganze 1:10 mit Wasser verdünnt ausgebracht. Im Beitrag „Jauchen für den Garten“ erfahren Sie mehr zur Herstellung und Anwendung von Jauchen.

Tipps zum Sammeln der Brennnessel-Blätter und ihrer Samen

Ganz hellgrün leuchten die dicht stehenden Brennnesselblätter in der Sonne.
Die jungen Frühlingsblätter der Brennnessel sind eine Delikatesse.

So unangenehm die Brennnessel beim Anfassen sein mag, unserem Gaumen und Magen bietet sie unglaublichen Genuss. Der Brennnessel-Geschmack ist nämlich sehr nuancenreich, am besten umschrieben mit würzig-spinatartig. Nehmen Sie zum Kochen aber nur die jungen Triebspitzen, also die oberen drei Blattpaare, denn ältere Blätter schmecken nicht so fein. Von März bis Mai ist die ideale Sammelzeit, am besten mit Handschuhen. Und Vorsicht beim Verarbeiten, denn auch beim Waschen brennen sie noch! Später im Jahr können Sie nach dem Schnitt neu ernten oder die Samen verwenden.

Was beim Samen-Sammeln beachtet werden sollte: Die Brennnessel ist zweihäusig, das heißt, es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Nur die weiblichen Blüten entwickeln sich zu Samen, während die männlichen Blüten nur Blütenstaub enthalten! So können Sie die Geschlechter unterscheiden: Männliche Blütenstände sind gelblichgrün und waagrecht ausgerichtet; weibliche präsentieren sich dagegen graugrün und hängend.

Das würzige Kraut ist ein Highlight für die Küche

Kaum ein Wildgemüse ist so vielseitig einsetzbar. Probieren Sie zunächst einmal den Brennnesselspinat (siehe Rezept unten), der im Vergleich zum echten Blattspinat sehr verträglich ist, da er keine Oxalsäure enthält. Oder Sie verarbeiten die aromatischen Blätter in Suppen, als Belag von Quiche, als Füllung von Pfannkuchen oder als Bestandteil von Risotto und Nudelaufläufen. Die jungen pürierten Blätter eignen sich auch sehr gut zum Grünfärben von Nudelteig, Kartoffelpüree oder Pfannkuchenteig. Ein wunderbares Fingerfood entsteht, wenn Sie die Blätter durch einen Pfannkuchen- oder Bierteig ziehen und goldgelb ausbacken. Beim Genießen müssen sie keine Bedenken haben: Die Brennhaare werden durch das Erhitzen zerstört.

Etwas schwieriger ist der Rohgenuss: Für Pesto beispielsweise macht es Sinn die Blätter kurz zu blanchieren, um die Brennhaare sicher zu deaktivieren. Sie können die wehrhafte Pflanze aber auch entwaffnen, indem Sie sie vor Gebrauch mit einem Nudelholz abrollen. Beim Einsatz im Smoothie übernimmt der Mixer die Zerstörung der Brennhaare.

Die langen, grünen Samenstände hängen zwischen den Blättern.
Der proteinreiche Samen entwickelt sich nur an weiblichen Pflanzen.

Wenn die Brennnessel ab Mitte Mai Knospen ansetzt, schmecken die Blätter nicht mehr gut. Das Abmähen der Nesseln sorgt dann für einen neuen Austrieb mit zarten schmackhaften Blättern. Ab September können Sie bei den weiblichen Pflanzen die kleinen Früchte (Samen) ernten. Diese nussig schmeckenden Körnchen können Sie frisch oder getrocknet über Salate und Müsli streuen. Besonders delikat sind sie, wenn sie in einer trockenen Pfanne, also ohne Fett, etwas angeröstet werden.

Die Brennnessel in der Heilkunde: Hält gesund und hilft bei Krankheit

Die Brennnessel schmeckt nicht nur gut, sie ist ein richtiges „Kraftpaket“! Sie zählt zu den Wildkräutern mit der besten Nährstoffdichte und hat alles, was ein Superfood auszeichnet. Besonders vertreten sind Proteine und Mineralien, zum Beispiel Calcium sowie Magnesium. Erwähnenswert ist auch der sehr hohe Gehalt an Eisen und Vitamin C. So besitzt sie beispielsweise fünfmal so viel Vitamin C wie eine Zitrone! Die Brennnessel liefert uns zudem viele Antioxidantien, die unsere Zellen wirksam gegen Freie Radikale schützen.

In der Heilkunde nutzt man die harntreibenden Blätter bei rheumatischen Erkrankungen und zur Durchspülungstherapie bei Harnwegsinfekten. Aufgrund der stoffwechselanregenden Wirkung sind die Blätter der Brennnessel häufig in Fasten- und Blutreinigungstees zu finden. Die Wurzeln enthalten andere Heilstoffe und dienen deshalb vor allem den Männern – zur Linderung der Beschwerden bei gutartiger Prostatavergrößerung. Für Heilzwecke werden die Brennnesselblätter kurz vor Blühbeginn geerntet; die Wurzeln werden im Herbst ausgegraben.

Wissenswertes aus der Vergangenheit der Brennnessel

Die Stängel der Brennnessel dienten einst zur Fasergewinnung. Schon in der Steinzeit wurden daraus Schnüre und Netze geflochten und Nesseltuch gewebt. Im Mittelalter wurde die Nessel speziell zur Fasergewinnung kultiviert, bis sie schließlich von der Baumwolle verdrängt wurde.

Von der Brennnessel glaubte man früher, dass sie die Liebe zum Brennen bringe. Im alten Rom ging man sogar soweit, sich damit die Genitalien auszupeitschen, um die Liebeslust zu steigern. Ein weniger heftiges Rezept war die Nutzung des Brennnesselsamens zu Liebestränken, gerne in Kombination mit Pfefferkörnern. Der Samen galt als pflanzliches Viagra, das „zur Unkeuschheit lockt“. Ein Selbstversuch kann auf jeden Fall nicht schaden, denn die kleinen Samen sind auf jeden Fall sehr gesund: Sie enthalten wertvolle Fettsäuren und Vitamine.

Rezepte mit Brennnesseln

Hier können Sie die Rezepte mit Brennnesseln als PDF herunterladen.

Goldbraun leuchtet die Quiche auf dem Holzbrett
Die Quiche wurde mit Brennnessel-Spinat gefüllt.

Brennnessel-Spinat

für 3 Personen

Zutaten

  • 750 g Brennnesseln
  • 1 Zwiebel
  • 2 EL Olivenöl
  • gekörnte Brühe (Gemüsebrühe)
  • Pfeffer
  • 2 TL Sojasoße
  • 100 g Sahne oder Sauerrahm

Zubereitung

  1. Kleingehackte Zwiebel in Öl anbraten.
  2. Brennnessel-Blätter kleinschneiden und zu den Zwiebeln geben.
  3. Mit gekörnter Brühe und Pfeffer würzen.
  4. Sojasoße dazugeben und 5 Minuten dünsten lassen.
  5. Zum Schluss Sahne hinzufügen und vom Herd nehmen.

Passt zu Reis, Kartoffeln oder als Belag auf Pizza.

Knusprige Brennnessel-Chips

Variante 1: Bepinseln Sie frische Brennnessel-Blätter mit einer Mischung aus 2 EL Shoyu, 2 EL Mandelmus, 1 EL Goma-Sio. (Goma-Sio ist ein japanisches Gewürz aus Sesam und Meersalz. Sesam ist ein wunderbarer Lieferant von Eisen und Calcium.) Dann bei 160 °C im Backofen knusprig backen (ca. 5 Minuten) oder bei 40 ° C im Gemüse/Kräutertrockner trocknen (ca. 2 Tage)

Variante 2: Backen Sie die frischen Blätter in Butter oder Öl in der Pfanne knusprig aus (dauert max. 1 Minute) und würzen anschließend mit Chilipulver oder mit Goma-Sio.

 

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