Mikroplastik in Kleidung – wie problematisch sind Kunstfasern?

Auf einem Textiletikett eines roten Pullovers sind die Materialien verzeichnet, die das Mikroplastik in der Kleidung nachweisen.

Wir leben im sogenannten Plastikzeitalter. Vieles ist aus Plastik und das vielseitige Material ist in vielem enthalten. Leider sieht man das auf den ersten Blick nicht immer – auch das Mikroplastik in Kleidung ist nicht direkt erkennbar. Ob Fleecejacke oder elastische Jeans: Sicher haben auch Sie Teile in Ihrem Kleiderschrank, die entweder komplett aus synthetischen Fasern beziehungsweise Kunstfasern bestehen oder zumindest Anteile davon enthalten.

Was genau sind Kunstfasern?

Die bekanntesten sind unter anderem Polyester, Mikrofaser, Elastan und Nylon®. Nicht nur aufgrund von Spätfolgen wie Mikroplastik sind Kunstfasern eine immense Belastung für die Umwelt. Schon ihre Herstellung setzt, neben vielen anderen umweltschädlichen Aspekten, die großflächige Abholzung unserer Regenwälder voraus.

Weshalb werden Kunstfasern überhaupt in Textilien verarbeitet?

Zum einen sind sie günstig in der Herstellung. Zum anderen besitzen sie viele funktionale, komfortable Eigenschaften, an die wir uns alle gerne gewöhnt haben: Sie machen Stoffe weich und flexibel. Gleichzeitig können sie atmungsaktive sowie wind- und wasserabweisende Eigenschaften haben. Außerdem lassen sie sich leicht reinigen, trocknen schnell und tragen sich besonders angenehm. Kein Wunder also, dass sich in fast jedem Haushalt Kleidung aus oder mit Kunstfasern findet.

Ein Kunstfasergarn wird in einer Kleidungsfabrik verarbeitet, um mit Mikroplastik in Kleidung die Klamotten bequemer zu machen.
Durch Kunstfasern erhalten Textilien viele praktische Eigenschaften.

Exkurs: Was genau ist eigentlich Mikroplastik?

Laut Umweltbundesamt (UBA) gelten solche Partikel als Mikroplastik, die kleiner als fünf Millimeter und größer als 1.000 Nanometer sind. Partikel also, die als Pulver, Paste und Körner vorkommen und so klein sind, dass sie von Kläranlagen nicht vollständig herausgefiltert werden können. Stattdessen verteilen sie sich über den Klärschlamm in unserer Umwelt. So gelangen sie am Ende über unsere Flüsse in die Weltmeere und schließlich in den Nahrungskreislauf von Tier und Mensch. Die Fakten sind mehr als erschreckend: Laut einer WWF-Studie vom November 2020 nimmt jeder Mensch durchschnittlich bis zu fünf Gramm Mikroplastik pro Woche durch Nahrungsmittel auf. Übrigens: Fünf Gramm entspricht ungefähr dem Gewicht einer Kreditkarte.

Mikroplastik in Kleidung: Wie entsteht es?

Bei jeder Maschinenwäsche verlieren Kunststoffgewebe durch Abrieb winzig kleine Faserteilchen, die dann mit dem Abwasser abtransportiert werden. Die Wahl des Waschmittels spielt hier eine wesentliche Rolle. Herkömmliche, also chemische Waschmittel, sorgen dafür, dass sich Faserteilchen leichter aus den Materialien lösen und schneller abgerieben werden können. Auch die Höhe der Waschtemperatur und der Schleuderumdrehungen sind wesentliche Faktoren. Bei beidem gilt: Je höher, desto mehr Mikroplastik entsteht.

Welche Gefahren gehen von Mikroplastik aus?

Mit zahllosen Plastikabfällen und Mikroplastik-Partikeln machen wir die Weltmeere zu einer riesigen Mülldeponie mit vielen, oftmals tödlichen Gefahren für die Meerestiere. Sie nehmen Mikroplastik über ihre Nahrung oder beim Atmen über die Kiemen auf. Fressen Raubfische belastete Beutetiere, wird die Belastung übertragen und damit potenziert. Immer mehr „verseuchte“ Meerestiere wie Fische, Krabben oder Muscheln landen schließlich auf unseren Tellern. Damit ist es unvermeidbar, dass auch wir mit unserer Nahrung Mikroplastik aufnehmen.

Mikroplastik sammelt sich im Sand an diesem Strand - ein Teil der Verschmutzung kommt durch Mikroplastik in Kleidung.
Mikroplastik in den Meeren ist ein globales Problem unserer Zeit.

Forschende der Uni Amsterdam haben im März 2022 mit einer Studie erstmals belegen können, dass Mikroplastik auch im menschlichen Gefäßsystem zirkuliert und sich im Blut nachweisen lässt. Bisher ließ sich jedoch medizinisch noch nicht zweifelsfrei belegen, ob es mitverantwortlich ist für Entzündungen in Darm- oder Lebergewebe. Das Problem der Mikroplastikbelastung ist noch zu „neu“, um heute schon Langzeitfolgen für den menschlichen Körper wissenschaftlich benennen zu können.

Weiterführende Informationen zur Vermeidung von Mikroplastik im Alltag finden Sie in unserem Magazin-Beitrag:

Wie viel Mikroplastik entsteht allein durch Textilien?

Von den Mikroplastikvorkommen in den Meeren stammen circa 35 Prozent, also rund ein Drittel, vom Faserabrieb in der Waschmaschine. Je weicher das Gewebe ist, desto schneller lösen sich die Fasern beim Waschen und umso höher ist der Abrieb. Eine einzige Fleecejacke kann pro Waschgang bis zu tausend Fasern verlieren, die dann nur sehr langsam oder gar nicht biologisch abbaubar sind. Es ist daher sinnvoll, beim Kauf von Kleidung genauer auf die Qualität zu schauen. Dabei sollten wir uns – wann immer möglich – für plastikfreie Kleidung entscheiden.

Übrigens: Auch Textilien aus Recycling-Kunststoff, vor allem Fleecejacken, sind wegen des hohen Abriebs aus ökologischer Sicht nicht immer sinnvoll.

Mikroplastik in Kleidung erkennen

In Europa müssen in den Etiketten aller Kleidungsstücke die verwendeten Materialien detailliert angegeben werden. Die Materialien mit den höchsten Faseranteilen stehen dabei immer an erster Stelle. Fakt ist: Je höher der Anteil an natürlichen Fasern in einem Kleidungsstück ist, desto besser ist das für unsere Umwelt. Zu den „Guten“, also den biologisch vollständig abbaubaren Naturfasern, gehören:

Bei Kunst- beziehungsweise Chemiefasern, die zur Mikroplastikbelastung beitragen, unterscheidet man zwischen halbsynthetischen und synthetischen Chemiefasern. Halbsynthetische Chemiefasern werden auf Basis von Pflanzenfasern hergestellt, wie zum Beispiel:

Rein synthetische Chemiefasern haben keinen natürlichen Anteil. Die bekanntesten sind:

  • Polyamid
  • Polyester
  • Polyacryl
  • Polyurethan
  • Nylon®
  • Elastan beziehungsweise Lycra®

Ist Mikroplastik biologisch abbaubar?

Ob die Kunstfasern in unserer Kleidung biologisch abbaubar sind, hat eine direkte Auswirkung auf die spätere Verschmutzung durch Mikroplastik. Mikroplastik aus halbsynthetischen Chemiefasern lässt sich teilweise biologisch abbauen, wenn auch nur langsam. Solches aus rein synthetischen Chemiefasern ist jedoch so gut wie gar nicht abbaubar.

Gut zu wissen: Eine Ausnahme macht hier die halbsynthetische Chemiefaser Lyocell, auch als TENCEL™ bekannt. Diese industriell hergestellte Zellulosefaser aus dem natürlichen Rohstoff Holz ist vollständig biologisch abbaubar.

Mikroplastik in Kleidung: Tipps für die Wäsche

In jedem Fall gilt: Weniger waschen ist mehr! Oft hilft es, die Kleidung gut auszulüften oder kleine Flecken einfach gezielt zu entfernen.

Wenn kunstfaserhaltige Kleidung dennoch in die Waschmaschine muss, können folgende Wasch- und Pflegehinweise helfen, Abrieb zu reduzieren, der sonst im Wasser landen würde:

  • je kürzer der Waschvorgang, desto schonender für das Gewebe. Deshalb: ggf. ein Kurzwaschprogramm wählen.
  • biologisch abbaubare Waschmittel, am besten Feinwaschmittel ohne Bleiche verwenden. Das schont die Fasern und ist nachhaltig.
  • Waschmittel nicht überdosieren, keine Weichspüler verwenden.
  • bei niedrigen Temperaturen waschen. 30 oder 40 °C reichen bei den meisten Textilien für ein optimales Waschergebnis aus. Flecken einfach vorbehandeln. So sparen Sie gleichzeitig auch Energie.
  • schleudern bei so wenig Umdrehungen wie möglich. Gerade synthetische Textilien trocknen auch so sehr schnell.
  • keinen Trockner verwenden, da er auf Dauer die Gewebestruktur schädigt.
  • für Textilien aus Synthetik oder mit hohem Kunstfaseranteil spezielle Waschbeutel verwenden, zum Beispiel den Guppyfriend. Damit wird ein Großteil der beim Waschvorgang ausgelösten Mikroplastikpartikel aufgefangen und lässt sich später über den Hausmüll entsorgen.

Fazit? Mikroplastik in Kleidung verursacht Makroprobleme

Das ist leider so und hier muss man auch nichts beschönigen. Hinzu kommt, dass das ganze Ausmaß der Auswirkungen heute noch gar nicht absehbar ist. Dennoch gibt es gute Nachrichten. Jeder und jede Einzelne von uns kann durch das eigene Verhalten dazu beitragen, zumindest selbst verursachtes Mikroplastik in Zukunft zu reduzieren oder sogar zu vermeiden. Wie? Indem wir unsere Garderobe nach und nach durch nachhaltige, langlebige Textilien ersetzen. So sorgen wir außerdem noch dafür, unnötigen Textilmüll zu vermeiden.

 

 

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